Lünen/AK. Wie viel Fett ist gesund? Welches Fett und wie viel ist in Schinken, in einer Bratwurst oder in Nüssen enthalten? Sollten wir nicht an Fett sparen, wenn wir abnehmen wollen? Macht uns Fett nicht dick und krank? Die Autoren des „Fett Guide“, die Ernährungswissenschaftler Ulrike Gonder, Dr. Nicolai Worm und Heike Lemberger, geben in leicht verständlicher Sprache Antworten auf diese Fragen und räumen mit den Einwänden auf, die sich in unseren Köpfen festgesetzt haben. Sie zeigen, dass Fett eine wichtige Energiequelle für unseren Körper ist, eine wichtige Grundsubstanz, aus der Signalstoffe und Hormone gebildet werden. Fett braucht das Gehirn zum Denken und Lernen ebenso das Immunsystem, um Krankheiten vom Körper abzuwehren. „Wir brauchen Fett zum Sattwerden und -bleiben, für den Geschmack, für die fettlöslichen Vitamine, für die Bildung zahlreicher Gewebshormone, die unseren Körper steuern und deshalb schlicht lebensnotwendig sind. Mit mehr Fett im Essen – mehr als die DGE (Deutsche Gesellschaft für Ernährung e. V. in Bonn) empfiehlt – lassen sich zudem die Risikofaktoren für etliche chronische Zivilisationskrankheiten auf wohlschmeckende Art in den Griff bekommen.“ Mittelkettige Fettsäuren (MCT), die in Kokos- und Palmkernfett enthalten sind, könnten für die Alzheimer-Prävention eine Rolle spielen, so die Autoren. Cholesterin sei „ein lebensnotwendiger Stoff, der unsere Zellmembranen und unser Gehirn funktionsfähig hält“. Der Körper bilde ihn täglich selbst. Ein hoher Cholesterinspiegel komme meist nicht vom Cholesterin der Lebensmittel, sondern steige je nach Veranlagung durch „Überernährung, Übergewicht, Stoffwechselstörungen und Bewegungsmangel“, erklären die Ernährungswissenschaftler. Langzeitstudien hätten gezeigt, dass gesättigte Fettsäuren, wie Butter, Sahne, Öle, Schmalz, Kokos- oder Palmkernfett, das Risiko für Herz- und Hirninfarkt nicht erhöht.
LOGIsche Ernährungsweise
Bei der zugrunde liegenden LOGI-Ernährung wird daher nicht am Fett, sondern bei den Kohlenhydraten gespart. LOGI steht für „Low Glycemic Insulinemic Diet", eine von Dr. Nicolai Worm weiterentwickelte Ernährungsweise aus den USA, die den Blutzucker- und Insulinspiegel niedrig hält und somit Blutzuckerschwankungen verhindert. Basis dieser Ernährungsform sind Gemüse, Salate, Pilze und wenig Obst. Dazu sollen hochwertige Öle, Butter und Fette gegessen werden, die sättigen und für den guten Geschmack der Speisen sorgen. Reduziert werden die kohlenhydratreichen Lebensmittel, denn sie halten nicht lange satt, haben häufig eine geringere Nährstoffdichte und können sich ungünstig auf den Fett- und Zuckerstoffwechsel auswirken. Vor der Kombination von viel Fett und viel Zucker oder Stärke warnen die Autoren. Wer Sahnetorten oder dick belegte Brote schnell hinunterschlingt, nimmt zwar viele Kalorien zu sich, verspürt jedoch ein geringes Sättigungsgefühl und wird auf Dauer sein Gewicht nicht halten können und zunehmen.
Das heißt also in der Praxis: weniger Kuchen, Süßigkeiten und Gebäck zu essen sowie weniger süße Getränke, wie Limonaden zu sich zu nehmen. Ebenso auch weniger Brot, Kartoffeln, Nudeln und Reis. Ab und zu ein Stückchen Schokolade zum Dessert sei okay. Die Autoren rücken auch das übertrieben positive Image von pflanzlichen Fetten und deren ungesättigten (neben gesättigten) Fettsäuren zurecht, die den LDL-Cholesterinspiegel senken. Nach Ansicht der Autoren aber nur dann, wenn Sie einen Teil der Kohlenhydrate durch Fett ersetzen: Nehmen Sie ein gutes Öl (z. B. Olivenöl) für den Salat und streuen Sie Nüsse oder Sonnenblumenkerne statt Croûtons darüber.
Kleine Fettkunde
Kurzweilig und spannend führen die Autoren in das Thema Fett ein, erklären die Zusammensetzung von Fett aus Glyzerin und drei Fettsäuren („TRI-Glyzeride auf Fachchinesisch“), den Unterschied zwischen gesättigten Fettsäuren (sind fest, hoch erhitzbar und halten lange, wie Butterschmalz, Rinder- und Kokosfett), ungesättigten Fettsäuren (sind weicher und flüssig bei Zimmertemperatur (Öle), gegenüber Licht, Luft und Wärme empfindlicher, werden schneller ranzig. Zum Beispiel kalt gepresstes Sonnen-, Lein- oder Hanföl, das nicht erhitzt werden darf). Von den mehrfach ungesättigten Fettsäuren sind zwei lebenswichtig, also essenziell und müssen mit der Nahrung aufgenommen werden: die Linolsäure, die häufigste Omega-6-Fettsäure, die vor allem in pflanzlichen Ölen vorhanden ist, und die Alpha-Linolensäure, eine Omega-3-Fettsäure, die in fetten Fischen, aber auch in Lein-, Walnuss-, Hanf- und Rapsöl vorkommt. Wichtig sei die richtige Mischung der Fettsäuren, vor allem das Verhältnis von Omega-6-Fettsäuren zu Omega-3-Fettsäuren sollte nicht höher als 5:1 betragen, da die Omega-6-Fettsäuren im Gegensatz zu Omega-3-Fettsäuren eher entzündungsfördernd seien. Da dieses Verhältnis bei der heutigen Ernährung oftmals sehr viel höher sei, empfehlen die Autoren „hoch ungesättigte Fettsäuren tierischen Ursprungs“ zu essen. Und einen Ölwechsel in der Küche vorzunehmen: Bevorzugen Sie Lein-, Hanf-, Raps- oder Walnussöl, Butter und Kokosfett statt Sonnenblumen-, Distel- und Maiskeimöl und die damit hergestellten Margarinen und linolsäurereichen Lebensmittel.
Vorsicht vor Transfettsäuren
Die Autoren warnen vor den Transfettsäuren, die bei der chemischen Teilhärtung von Ölen oder weichen Fetten entstehen. Diese ungesättigten Fettsäuren fördern unter anderem Entzündungen im Körper, reichern sich im Fettgewebe an, gehen in die Muttermilch über und stören die nützliche Wirkung der Omega-3-Fettsäuren. Noch immer könnten teilgehärtete Spezialfette in Gebäck, Knabbereien, Süßigkeiten, Fast Food und Fertigprodukten Transfettsäuren enthalten sein. Und auch beim langen Erhitzen von Ölen beim Frittieren in Imbissbuden, Kantinen und Restaurants können Transfettsäuren entstehen. Dennoch seien Pommes frites meist unbedenklicher als Backwaren, die oft mehr Transfettsäuren enthalten. Gesundheitsfördernd seien dagegen die Transfettsäuren, die im Magen von Wiederkäuern entstehen. Sie kommen in der Milch sowie in Milchprodukten vor. Wie viel Transfettsäuren ein Lebensmittel enthält, kann der Verbraucher nur schwer ermitteln, da es in Deutschland keine Kennzeichnungspflicht für industriell erzeugte Transfettsäuren oder eine Obergrenze für Lebensmittel gibt.
Tipp: Meiden Sie Produkte mit Angaben, wie „Pflanzenfett, teilweise gehärtet“, „teilweise hydrogenierte Fette“, „zum Teil gehärtetes Pflanzenfett“ oder „pflanzliche Öle und Fette zum Teil gehärtet“. Dahinter verbergen sich Transfettsäuren.
Der quadratische Fett Guide mit dem grünen Einband passt in jede Jackentasche. In übersichtlichen Tabellen bewertet er den Fettgehalt von über 500 Lebensmitteln, unterteilt in verschiedene Kategorien, wie „Öle", „Butter, Margarine und Streichfette", „Back-, Brat- und Frittierfette", „Nüsse, Samen, Kerne und fette Früchte", „Milch- und Milchprodukte“, „Eier, Fleisch und Innereien", „Wurst- und Fleischwaren“, „Fisch- und Meerestiere“, „vegetarische Lebensmittel“, „Getreide“, „Gebäck und Kuchen“, „Kräuter, Salate und Gemüse“. Schade, dass die so beliebten Kartoffeln fehlen. Hilfreich sind die Ampel-Farben der Fett- und Kohlenhydratangaben sowie beim Omega-6/3-Verhältnis, sodass man beim Einkauf Lebensmittel mit gesunden Fetten und Ölen leicht erkennen kann. Die Lager- und Fetttipps für die kalte Küche, zum Erhitzen, Backen und Braten (Butter, Schmalz, Kokosfett) sowie die zwischen den Tabellen eingestreuten Fettporträts von Rind, Schwein, Geflügel, Milch, Nüssen, Kokosfett und Hanföl runden den Ratgeber ab.
Fazit: Wie viel Fett ist gesund?
Fett einzusparen bringt keinen Vorteil. Besser sei das zu essen, was schmeckt und lange satt hält. Sie sollten ihr Gewicht (mühelos) halten können und keine Heißhungerattacken haben. Außer den teilgehärteten Transfettsäuren können Sie alle Fette genießen und brauchen bei Butter kein schlechtes Gewissen zu haben. Eine allgemeingültige Empfehlung der „gesunden“ Fettzufuhr für alle gäbe es laut den Autoren nicht.
Gonder, Ulrike/Lemberger, Heike/Worm, Nicolai: Fett Guide. Wie viel Fett ist gesund? Welches Fett wofür? Tabellen mit über 500 Lebensmitteln, bewertet nach ihrem Fettgehalt und ihrer Fettqualität. 136 Seiten, Softcover, systemed Verlag, Lünen 2012. Preis: 9,99 € (D). ISBN: 978-3-942772-09-9. Infos: www.systemed.de
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